BNN Acher-Bühler-Bote – Thomas Lubkowski


[ redi ad Echo ]


Aus Anlaß des Vortrags im Simplicissimus-Haus in Renchen

Folgende zwei Artikel plus Leserbrief sind eigentlich keine Rezensionen, sondern Berichte über den im Simplicissimus-Haus in Renchen am 17. März gehaltenen Vortrag. Bereits bei dessen Ankündigung war sowohl auf den Leiter als auch auf den Bürgermeister Druck ausgeübt worden, damit der Vortrag ausgesetzt wird. Als diese daran festhielten, daß die kontroverse These gerade als eine solche diskutiert wird, waren manche Leute ungeduldig, und ohne die Diskussionszeit danach abzuwarten, stellten Fragen bereits während des Vortrags, was zur Folge hatte, dass dessen zweiter Teil nur gerafft gebracht werden konnte. Es war aber klar, daß die meisten Fragen ohne Hintergedanken gestellt wurden: Sie waren genuiner Ausdruck davon, wie sehr den Anwesenden das Thema zu Herzen ging. So wurden sie auch gerne beantwortet, und wenn der Vortrag dann an anderer Stelle zu kurz kam, mein Gott: Wenn den Leuten ihre Fragen wichtiger waren als der Vortrag, war es eben so. Ich möchte mich jedenfalls an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich bedanken, bei allen, die anwesend waren, ob sie nun Fragen gestellt haben oder nicht und wann und aus welchem Grund auch immer: Es war ein schöner Abend. Ich war gerne dort. FC


Badische Neueste Nachrichten, Ausgabe: Acher-Bühler-Bote, 20.03.2000, Lokalteil Achern

Autorenlesung mit massiven Störmanövern

Thesen von Francesco Carotta zu Julius Cäsar stießen im Publikum auf Widerspruch

THOMAS LUBKOWSKI

Der von einem bekannten Münchener Verlag zu verantwortende und zugegeben etwas marktschreierischer Titel des Buches „War Jesus Cäsar?“, das der italienische Linguist und Philosoph Francesco Carotta mit einer Autorenlesung am Freitagabend im überfüllten Museumskeller des Simplicissimus-Hauses in Renchen vorstellte, mag zunächst ebenso irreführend wie polarisierend auf das Publikum gewirkt haben. Das ließen die herausfordernden Thesen des in Deutschland lebenden Verfassers allerdings auch kaum anders erwarten: Der wegen seiner Verdienste um Rom zum Gott, „Divus Iulius“, erhobene römische Imperator, „Retter des Vaterlandes“ und Pontifex maximus des Reichskults, Iulius Caesar, weise mit der Hagiographie und Ikonographie des in den Evangelien des Neuen Testaments geschilderten Gottessohnes Christus Jesus, auffallend viele Ubereinstimmungen auf und sei mit diesem daher identisch.

Die gewagte, durch umfängliche historische Studien, mit mediterraner Phantasie und gewitztem Menschenverstand „durchgespielte“ sprachwissenschaftliche – vor allem auf Linguistik und Semiotik basierende – Hypothese Carottas, fordert nicht nur die theologische Fachwissenschaft heraus. Es ist gleichzeitig eine faszinierende Einladung an den Leser sich mit Geschichte, Kultur und Lebensumfeld der hellenistischen und römischen Spätantike und des messianischen Judentums zu befassen. Was hat der auf einen jüdischen Wanderrabbi aus Galiläa gegründete Messias-Kult um „Christus Jesus“ mit dem „Bezwinger Galliens“, Julius Caesar zu tun, der nach seiner Ermordung durch die Nobilitäten Roms endgültig zum Gott Divus Julius wurde?
Das Thema weckt Emotionen. Es belegt im Zeitalter mächtiger, weltweiter Laienbewegungen zudem, dass das ernsthafte Fragen und spekulative Nachdenken über das Phänomen „Jesus“ kein Privileg christlicher Theologen mehr ist. Bei der Erforschung von 2000 Jahren Christentum und abendländischer Kultur, die auch unter Teilnahme bisher dafür nicht zuständig gehaltener Wissenschaftsbereiche geleistet werden wird, sind in Zukunft noch einige Uberraschungen zu erwarten.

Carotta unterzieht das tradierte Caesaren-Bild einer gründlichen Revision. Die „clementia Caesaris“ – Milde, Gerechtigkeit und Friedenswille des Diktators und Feldherrn – überstrahlen Grausamkeit und Herrschaftsgebaren des Tyrannen. Zahlreiche Münzprägungen, Statuen und Büsten Caesars „belegen“ nach Carottas Ansicht diese These ebenso wie die von antiken Autoren – dem Römer Sueton und dem Griechen Appian – überlieferte „Auferstehung“ des göttlichen Kaisers. Die historische Gestalt nahm in der göttlichen Verehrung bald überindividuelle Züge an. Ihr landesweiter Kult in Caesar-Tempeln gelangte bis in die römischen Kolonien Palästinas. Dort wurde die heilige Legende der Lebensbeschreibung des Caesars von den frühen christlichen Evangelisten aufgegriffen, den eigenen Predigtbedürfnissen homiletisch angepasst und später niedergeschrieben. So wurde die Lebensbeschreibung Jesu, besonders im frühen Markus-Evangelium, durch eine bemerkenswerte Häufung „sequentieller Zufälle“ der Heiligenlegende des Divus Julius „nachgestaltet“. Eine zumindest diskussionswürdige These zur Rezeptionsgeschichte des Neuen Testaments und zur „Leben-Jesu-Forschung“.

Wäre Francesco Carotta ungehindert zum Vortrag gekommen, hätte sehr schnell klar werden können, dass der in Venetien geborene Katholik und Zögling eines Priesterseminars mit seinen „Caesar-Jesus-Ermittlungen“ nicht die neutestamentliche Botschaft von Frieden, Liebe, Versöhnung und Erlösung in Frage stellt. Selbst nicht durch die gelegentlich an Obsession grenzende Leidenschaft und mangelnde persönliche Distanz, mit der Carotta seine Thesen – deren „Quellen“ durch den umfänglichen bibliographischen Apparat des Buches ausgewiesen sind – einem überwiegend gebannt folgenden Publikum vorzustellen versuchte, konnte bei unvoreingenommenem Zuhören den Eindruck von blasphemischer Egomanie entstehen lassen.

„Ich will forschen, Anregungen geben, den Blick weiten und eine Diskussion anfachen“ erteilt Carotta allen Vorwürfen eine Abfuhr, er wolle die Leser und Zuhörer zu seiner Sicht der Dinge „bekehren“. Doch mit massiven Störmanövern wurde während des Vortrags mehrfach versucht, den mit seinen Thesen jonglierenden Referenten mit häufigen Zwischenfragen und Hinterfragen der persönlichen Reputation aus dem Konzept zu bringen um ihm danach Gereiztheit gegenüber Publikumsanfragen oder Defizite in der Argumentation und Beweisführung zu unterstellen.
Das wurde von anderen wiederum als mangelnden Respekt gegenüber dem Vortrag des Autors und Rücksichtslosigkeit gegenüber den disziplinierten Teilnehmern gewertet. Dieses Verhalten entwerte auch Form, Inhalt und Motive einer berechtigten Kritik.
lub




Badische Neueste Nachrichten, Ausgabe: Acher-Bühler-Bote, 21(?).03.2000, Leserbriefe


Leser schreiben:

„Art Kombinationsrausch“

Zur Berichterstattung über die Autorenlesung mit Francesco Carotta in Renchen (ABB vom 20. März: Autorenlesung mit massiven Störmanövern) ging der Redaktion der folgende Leserbrief zu:

„Es war schon imponierend, wie Francesco Carotta gut zwei Stunden seine Hörerinnen und Hörer in Atem hielt. Jesus Christus sei niemand anders als Julius Cäsar. Rasch nach Cäsars gewaltsamer Ermordung bildete sich um seinen Tod eine Legende, die, so Carotta, die Botschaft der neutestamentlichen Evangelien zum Verwechseln ähnlich sei. Cäsar sei von einzigartiger Milde und Gerechtigkeit („clementia Caesaris“) gegenüber seinen politischen Gegnern sowie auch seinen Soldaten gewesen, was sich auch in zahlreichen Münzprägungen und in den überlieferten Cäsar-Büsten widerspiegele. Die Legende gipfelte in der von antiken Schriftstellern überlieferten „Auferstehung“ bzw. Apotheose Cäsars. Die Verehrung verbreitete sich im gesamten Reich und gelangte auch nach Palästina, wo sie von den Evangelisten aufgegriffen und in veränderter Form niedergeschrieben wurde. So ist der Jesus der Evangelien niemand anders als eben dieser Divus Julius Cäsar.

Soweit so gut. Zahllose bildliche Motive und religionsgeschichtliche Vorstellungen der römischen Religion lassen sich sicherlich im Neuen Testament nachweisen, wobei das Schwergewicht nicht auf der römischen, sondern deutlich auf der jüdischen und hellenistischen Kultur liegt. Dagegen gehört vieles, was nach Carotta römischen Ursprungs ist, eher in die nachevangeliare Zeit, als das Christentum sich zusehends mit der römischen Umwelt verband. Dennoch – in dem Aufweis solcher übernommenen Formen und Bräuche liegt sicherlich der Verdienst der Forschungen Carottas.

Der Rest des Abends aber wurde zur Märchenstunde. Abgesehen davon, dass Carotta zu keinem Zeitpunkt seine Quellen offenlegte und an den gezeigten Reproduktionen der Cäsar-Bilder nur mit äußerster Phantasie, die von ihm geäußerten Rückschlüsse nachvollzogen werden konnten, steigerte sich Carotta zusehends in eine Art Kombinationsrausch. Vermutete Abschreibefehler der römischen Vorlagen und Lautverschiebungen ermöglichten, ihm ein grenzenloses Kombinationsspiel mit zahllosen Parallelen von scheinbar erdrückender Evidenz: Cäsar reiste nach Gallien, Jesus lebte in Galiläa. Cäsar überquerte den Rubikon, Jesus den Jordan. Und aus Ravenna, der letzten Station Cäsars vor dem Marsch auf Rom, wurde – selbstredend rückwärts gelesen – Nazareth. Die Liste der aufgeführten Parallelen war genauso lang wie willkürlich. Selbst die berühmten Cäsar-Worte „Veni, vidi, vici“ oder „Alea iacta est“ finden sich so im Neuen Testament in abgewandelter Form wieder. Solch philologische Spitzfindigkeiten ohne jegliche Traditierungsbelege sind einfach unseriös.

Merkwürdig mutet an, dass keinerlei (selbst)kritische Bemerkungen getätigt wurden. Sueton und Appian, die Hauptquellen für Carottas These, schrieben später als die neutestamentliche Exegese die Entstehung der Evangelien veranschlagt. Dass Sueton zudem unter enormem Druck der Kaiser stand, die ein göttliches Cäsarbild benötigten, um ihre diktatorische Machtausübung vor den Forderungen nach Rückkehr zur Republik zu legitimieren, dass es sich also bei der Cäsar-Legende um in höchster Weise politische Geschichtsschreibung handelte, blieb unerwähnt. Überdies ist die Apotheose Cäsars kein Unikum, denn auch sein Nachfolger Augustus wiederfuhr in der Geschichtsschreibung die gleiche Ehre. War dann Jesus nicht viel eher Augustus, der Friedensfürst und Begründer der „pax romana“, den man auch eine Jungfrauengeburt nachsagt?

Der Cartoonist und Satiriker Elans Traxler schrieb vor Jahren ein sehr lehrreiches Buch mit dem Titel „Die Wahrheit über Hänsel und Gretel“. Wer erfahren möchte, wie man mit einer populären Hypothese und pseudowissenschaftlichen Methoden alles, aber auch einfach alles, als wissenschaftlich erwiesen nachweisen kann, dem sei dieses Buch als passende Ergänzung zu Carottas Märchenstunde empfohlen.

Erlauben möchte ich mir zum Schluss ein paar persönliche Bemerkungen. Als unseriös empfinde ich, dass jemand, der für den Veranstaltungskalender in Renchen maßgeblich Verantwortung trägt, am Schluss auch noch selbst die Kritik zur Veranstaltung schreibt. Wohl nur von daher ist zu verstehen, dass einzelne Richtigstellungen, die zum Teil auch noch auf Aufforderung des Vortragenden erfolgten, als „renitente Störung“ begriffen wurde. Dass Francesco Carotta gut zwei Stunden monologisierte, so dass gar keine Zeit für eine adäquate Auseinandersetzung mit seinen Thesen blieb, fügt sich in das Gesamtbild der „Märchenstunde“ ein.“

Dr. Stefan Schipperges
Philosophenweg 2a
77654 Offenburg

—————————

NOTA BENE: Dieser Lokalgelehrte müßte sich entscheiden: Entweder hat der „Vortragende zu Richtigstellungen aufgefordert“, oder er hat „monologisiert, so dass gar keine Zeit für eine adäquate Auseinandersetzung mit seinen Thesen blieb“. Eins von beiden ist falsch.
Was er über Sueton schreibt, ist abwegig: Sueton war zwar Sekretär vom Kaiser Hadrian; aber weder war er diesem gegenüber servil – er wurde nicht zufällig gefeuert, mitunter weil er der Kaiserin zu nahe getreten war –, noch bastelte er am „göttlichen Cäsarbild, das die Kaiser benötigten“ – er benutzte erwiesenermaßen auch caesarfeindliche Quellen; dies war auch möglich, denn das „göttliche“ Cäsarbild stand zu seiner Zeit (Anfang des 2. Jh.) bereits seit anderthalb Jahrhunderten, Antonius, Lepidus und Octavian hatten es politisch geprägt, Asinius Pollio und Livius historiographisch, so dass es sicherlich nicht mehr bedarf, aufpoliert zu werden.
Witzig ist, daß er Probleme damit hat, daß Jesus Caesar sei, keine aber, daß er Augustus sei. Ihm geht es also nicht um religiöse Scheu, sondern um etwas anderes. Um was eigentlich? Um die politische Parteinahme? Der reaktionäre Augustus ja, der revolutionäre Caesar nein? Daß bei Augustus das Wesentliche fehlt, nämlich Passion und Wiederauferstehung durch Volksaufstand, so daß der puer Octavian nur für das Christkind signieren kann, stört ihn anscheinend nicht weiter. Seltsam!



Offenburger Tageblatt, Ausgabe: Acher-Rench-Zeitung, 20.03.2000, Kultur

Kaiser-Schmarren à la Frencesco Carotta
Jesus war Cäsar / Und wer war der Osterhase wirklich?

WOLFGANG WINTER

Am Freitag wurde das Renchner Grimmelshausen-Museum auf merkwürdige Weise verzaubert. Für einige Stunden glaubte man sich auf altrömischem Staatsgebiet zu befinden, in dem die unwissende germanische Urbevölkerung erklärt bekam, dass sie seit 2000 Jahren einem Irrtum aufgesessen sei. „Jesus existierte nicht, der vergöttlichte Julius Cäsar ist der eigentliche Christus.“ Das behauptete jedenfalls der Buchautor Francesco Carotta im komplett gefüllten historischen Gewölbekeller.
Das Publikum – „Römer, die zur Tarnung Deutsch sprechen“, lauschte gespannt den Thesen des Italieners. Der zeigte zuerst eine Vielzahl von Abbildungen antiker römischer Cäsar-Münzen. Der Referent entwickelte daraus die unbestreitbare Feststellung, das Cäsar nach seinem Tode vergöttlicht wurde und es Abbildungen gibt, auf denen er, geschmückt mit einer Eichenkrone, leidend und abgemagert erscheint.

Kreuz abgekupfert?

Carotta schlussfolgerte, dass diese Darstellung, die darauf zurück zu führen ist, dass Cäsar „so wie wir uns die Zähne putzen“ unter Aufbietung aller körperlichen Kräfte Kriege führte, dem des dornenbekränzten, leidenden Christus entspricht. Auch kreuzformige Darstellungen konnte Carotta vorweisen. Flugs bastelte der gelernte Gebrauchsgraphiker daraus die These, daß die Christen auch das Kreuz von den römischen Münzen abgekupfert haben.
Nach dieser bildhaften Einführung kam Carotta zu seiner eigentlichen Beweislinie. Er erklärte, dass die wichtigsten Begriffe des Christentums eigentlich nur verballhornt oder irrtümlich falsch aus dem Lateinischen übersetzt worden sind. So heiße Evangelium eigentlich Bürgerkrieg, Gallien wurde zu Galiläa, Jordan steht für Italien und Ravenna konvertierte zu Nazareth.

Kreative Wortschüttelei

Zahlreiche kreative Wortschütteleien vollführte Carotta, und in einigen Punkten gelang die Demonstration aufs Erstaunlichste. Hier kann sogar ernsthaft vermutet werden, dass der Evangelist Markus ein von der Vita Cäsars vorgegebenes literarisches Schema benutzt haben mag, um so als verborgene Anspielung die Lebensgeschichte des „Göttlichen Cäsar“ zu persiflieren. Carotta zieht daraus aber den umgekehrten Schluss. Er glaubt, dass die griechischen Ubersetzer der auf Latein geschriebenen Cäsar-Vita, zuerst nur ein paar „Witze machten“, bis später das ganze Ubersetzungsprojekt durch immer neue Irrtümer und Kopierfehler völlig missverstanden und schließlich fälschlicherweise als „christliches Evangelium“ etikettiert wurde.
Wer nach dem Vortrag eine fundierte Diskussion erwartete, wurde enttäuscht. Gutgemeinten Fachfragen wich der Referent geschickt aus und eine etwas unbeholfene Ausführung zu seiner wissenschaftlichen Reputation wurde von einem Teil des Publikums sogar mit höhnischen Gelächter bedacht.
Da sich keine Latinisten, Linguisten oder Experten für das antike Christentum unter den Zuhörern befanden, endete die von einigen erhoffte „Abrechnung“ mit dem Redner wie das Hornberger Schießen. So konnte der Hobbygelehrte prahlen: „Bisher habe ich noch niemanden gefunden, der Experte für Jullus Cäsar und Jesus Christus ist, den müsste ich erst ausbilden.“
In seinem Buch bedroht Carotta auch noch andere Religionen mit seinen Forschungserkenntnissen. Der Auszug des Moses aus Ägypten war in Wirklichkeit die Flucht der Hyksos. Der Pharao verteilte Mehl und nicht etwa Moses sein Manna. Die Muslime sind die Nachfahren römischer Veteranen, und hinter Allah verbirgt sich selbstverständlich der göttliche Julius. Boddhisattva be- deutet Octavius, und der schlafende Buddha zeigt Augustus, „der gerne im Freien schlief“.

Hänsel war Octavian

Auch die „purpurne Toga der tibetischen Mönche“ verrät die „ganz römische Prägung“. Sogar unsere Märchen wurden falsch verstanden. Hänsel und Gretel heißen eigentlich Octavian und Livia, weil ja auch Octavian „einen verknöcherten Zeigefinger hatte“. Die sieben Zwerge wohnten hinter den sieben Hügeln Roms, und Schneewittchens vergifteter Hexenkamm erzählt vom Tod der Kleopatra.
Carotta könnte seinen Kaiser-Schmarren noch perfektionieren, wenn es ihm gelänge zu beweisen, daß auch Osterhase und Weihnachtsmann verunglückte Kopien des Julius Cäsar sind. Warten wir ab. Carotta forscht weiter.

—————————

NOTA BENE: Dieser Herr Winter, der immer Winter heißt, auch wenn es Frühling wird, ist so besessen, alles gründlich miese zu reden, daß er sich nicht scheut, offenkundige Unwahrheiten zu sagen, die, da er nicht allein im Saal war, nicht unaufgedeckt bleiben können. Er hat die Stirn, zu behaupten, der Vortragende sei mit höhnischen Gelachtern bedacht worden, wo er wissen sollte, daß damit der Herr, der neben ihm saß, bedacht wurde, als er am Ende seines Lateins, seine unqualifizierten Äußerungen zu retten versuchte, indem er angab, er hätte mit eins promoviert.

Es stimmt, daß „die von einigen erhoffte „Abrechnung“ mit dem Redner wie das Hornberger Schießen endete“. Aber nicht etwa, weil „sich keine Latinisten, Linguisten oder Experten für das antike Christentum unter den Zuhörern befanden“: Der Schreiber vom oben wiedergegebenen Leserbrief, der sich bei der Zeitung als „promovierter Historiker und Gymnasiallehrer in Achern mit der Fächerkombination Katholische Theologie / Geschichte“ sich akkreditierte, war auch unter den Zuhörern, wie auch andere, die etwa angaben, mit Freiburger Professoren per du zu sein. Es endete wie das Hornberger Schießen, weil sie eben mit dem Redner „abrechnen“ wollten und aus kindlichen Gründen versuchten, ihm die Berechtigung abzusprechen, über jenes Thema zu schreiben: Teils, weil er kein Theologe sei, sondern „nur“ Philosoph, Linguist und Informatiker; teils, weil eine interdisziplinäre Studie nach ihrer Auffassung nur angegangen werden darf, wenn man zuerst in all den berührten Fächern promoviert hat (sic!); teils weil sie sich einbildeten, ein seriöser Verlag der Bertelsmann-Gruppe, dessen Keimzelle immerhin ein Theologie-Verlag war, würde sich erlauben, ohne Gutachten von Experten, ohne fachliche Begutachtung und ohne eingehendes Lektorat ein Werk über ein derartiges Thema zu veröffentlichen; so bräuchten sie nur mit ihrem profunden Halbwissen anzutanzen, und schon würde das Kartenschloß zusammenbrechen. Wenn man abrechnen will, muß man schon früher aufstehen.
Interessant ist, daß auch dieser professionelle Journalist wie obiger Leserbriefschreiber, durchaus bereit ist, selbst Ketzerisches zu sagen, wenn damit nur „Carottas Schluss umgekehrt“ wird. Er sagt allen Ernstes: „Hier kann sogar ernsthaft vermutet werden, dass der Evangelist Markus ein von der Vita Cäsars vorgegebenes literarisches Schema benutzt haben mag, um so als verborgene Anspielung die Lebensgeschichte des „Göttlichen Cäsar“ zu persiflieren.“ Na prost! Das Evangelium als Persiflage, nicht nur eine literarische Fiktion, sondern eine Satire auch noch! Man landete früher für weniger als das auf den Scheiterhaufen!
Man kann ihm danken, daß er so informativ ist: Er ist so bedacht, alles, aber auch alles zu kritisieren, daß er ein gutes Inhaltsverzeichnis liefert. Das hat Tradition: Auch die Schriften der Häretiker sind uns nur dank der Kirchenväter erhalten, die sie tot schreiben wollten!



[ Ihre Meinung dazu können Sie im Forum äußern: ]

[ forum ]

[ mehr wissen ]